Geschichte der Festungsanlagen in Helsinki
Helsinki wurde 1550 an der Mündung der Vantaa gegründet. Etwa hundert Jahre später wurde diese Siedlung aufgegeben und die Stadt an ihrer heutigen Stelle neu gegründet, wo sich ein gutgeschützter Hafen auch für größere Schiffe anbot. In die dem heutigen Südhafen vorgelagerten Kronbergsförde konnten die Segelschiffe je nach Windrichtung aus verschiedenen Richtungen einlaufen. Die Zugänge ließen sich auch leicht verteidigen.Finnland gehörte zum Königreich Schweden, das in stetigem Krieg mit dem aufsteigenden russischen Reich verwickelt war. Die Gründung Sankt Peterburgs durch Peter den Großen 1703 erhöhte den strategischen Wert Helsinkis. Um 1747 begann Schweden, finanziert durch Frankreich, den Bau der Festung auf der Susiluoto (Wolfklippe), die den Namen Sveaborg erhielt. In die geschützten engen Buchten und Belte der Inselgruppe wurde ein für damalige Zeiten moderner Küstenflottenhafen mit Werft gebaut. Größere Fahrzeuge ankerten in der nunmehr durch die starke Festung geschützten Kronbergsförde.
Eine Bastion der Festung Sveaborg aus der Zeit der schwedischen Herrschaft. (1998)Von der Garnison Sveaborg ging ein gewaltiger wirtschaftlicher und zivilisatorischer Impuls aus, dessen Auswirkungen in ganz Finnland spürbar waren. Der Kommandant von Sveaborg, Ehrensvärd, importierte u.a. viele bis dato unbekannte Kulturgewächse. Westeuropäische Kunst und Literatur erreichten Finnland via Sveaborg. Soldaten und Handwerker lernten neue Techniken kennen. Doch der Zerfall schwedischer Macht ließ sich nur verlangsamen, nicht vermeiden.
Der Vertrag von Tilsit 1807 zwischen den Kaisern Alexander und Napoleon versprach Russland die Herrschaft über Finnland. 1908 besetzten die Russen sehr schnell weite Gebiete. Sveaborg wäre eine harte Nuss für die Angreifer gewesen, hätte der Kommandant seine Befehle befolgt. Doch er entschied sich zur Kapitulation nach kurzer Belagerung (3. Mai 1808). Schweden verlor ganz Finnland an Russland, ein Schock, der den Schweden ein für alle Mal die Lust am Kriegführen nahm.Helsinki wurde Landeshauptstadt 1812. Sveaborgs gemauerte Bastionen veralteteten kriegstechnisch bald. Trotzdem blieb die Kronbergsförde ein wichtiger Kriegshafen für die russische Ostseeflotte und ging die Bautätigkeit weiter. Immer neue Inseln wurden in das Festungssystem einbezogen. Batteriestellungen gab es nicht nur auf den vorgelagerten Inseln, sondern auch auf den felsigen Küsten der Stadt. Die Halbinsel Katajanokka erhielt einen Flottenstützpunkt mit Lagern, Werkstätten und Anlegeplätzen. Die Garnison hatte bis zu 13 000 Einwohner.
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Neuorganisierung der Verteidigung von Petersburg. Dazu wurde Reval (Tallinn) auf dem Helsinki gegenüberliegenden Ufer des Finnischen Meerbusens zum Flottenstützpunkt ausgebaut, Helsinki sollte Torpedobootstützpunkt werden. Von dort hätten die Russen einem Angriff auf Reval begegnen können. (Dies alles natürlich unter dem Zeichen der fieberhaften maritimen Aufrüstung des Deutschen Kaiserreichs). Die Torpedoboote wurden rund um die Kronbergsförde, in Katajanokka und Viapori stationiert. Die aus schwedischer Zeit stammende Werft der Zentralfestung Viapori wurde erweitert und modernisiert.![]()
Die Kronbergförde. Im unteren Teil die Zentralfestung Viapori. (Russische topografische Karte von 1911, Quelle: WWW-Seiten von Pauli Kruhse)
Russische Kriegsschiffe überwintern in Helsinki während des Ersten Weltkrieges.Auf Russisch Krepost Sveaborg genannt umspannte die Festung die Inseln von Lauttasaari im Westen bis zu Santahamina im Osten. Der größte Teil ihrer Batterien wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus Stein, Ziegeln und Erde gebaut. Bis zum Ausbruch des Weltkrieges waren nur einige betonierte Stellungen fertiggestellt worden. Die Festung war Teil des Küstenverteidigungssystems der russischen Ostseeküste. Um den Hafen Helsinki auch von Land her zu schützen, wurde der Bau von Landfestungen beschlossen.
Die Pläne waren gerade erst fertig geworden, als am 1. August 1914 der Krieg ausbrach. Die Arbeiten wurden nun mit großer Eile in Angriff genommen. An der Seefront entstanden auf den äußeren Inseln neue Geschützstellungen aus Beton und Stahl mit modernen Geschützen. Auf der Landseite wurde als erstes eine halbkreisförmige Befestigungslinie mit etwa sieben Kilometer Radius um den Kriegshafen gezogen. Es handelte sich um provisorische Befestigungen.
Bis 1917 war die russische Front nur Nebenkriegsschauplatz, somit blieb den Russen Zeit, die Küstenfestungen fertigzustellen und die finnischen Gewässer zu verminen. Die Gefahr einer deutschen Invasion im Gebiet des finnischen Meerbusens war gering. Dagegen hielt man es in Petersburg für möglich, dass die Deutschen an der finnischen Westküste landen und gegen die russische Metropole quer durch Finnland angreifen könnten. Dagegen wappnete man sich durch den Bau einer Festungslinie von der Südküste bis nach Nurmes.![]()
Die Festung Sveaborg: die See- und Landfestungen von Helsinki zur Zeit des I. Weltkriegs mit den wichtigsten Straßen und Eisenbahnlinien. Der Hafen ist durch Anker gekennzeichnet.
Gefechtsstellungen und Batterien der Seefront
Stacheldrahthindernisse
Straßen
Eisenbahn
Die Aufgabe von Krepostj Sveaborg änderte sich. Nicht nur der Hafen, sondern die ganze Stadt sollte verteidigungsfähig werden. Aus dem Schutz der Festung heraus sollte es möglich sein, potentielle Invasoren von der Seite her anzugreifen und ihnen die Nachschublinien abzuschneiden.
Dafür wurde die Landfestungslinie erweitert und gleichzeitig verstärkt. Die neue Verteidigungslinie lag nun 10 km vom Hafen entfernt. Als der Krieg andauerte und die deutsche Invasion sich verzögerte baute man noch eine dritte Festungszone gegen Norden und Osten.
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